Wirkung von Militarisierung auf Mensch & Umwelt -

ein paar Denkanstöße

Als ich im April diesen Jahres gelesen habe, dass sich die Militärausgaben weltweit auf 2,113 Billionen US-Dollar pro Jahr belaufen (2.113.000.000.000), eine Zahl, die ohnehin unsere Vorstellungskraft sprengt, überlegte ich, wie unsere Welt aussehen könnte ohne Militär. Wenn all dieses Geld in die Bekämpfung des Hungers, in Umwelttechnologien, in Lehre und Wissenschaft und vor allem in den Schutz der Natur gesteckt werden könnte. Alle Menschen dieser Erde könnten gut leben. Es mutet natürlich etwas naiv an, denn es liegt wohl im Wesen der Menschen, dass es immer jemanden gibt, der mehr Macht haben möchte und mehr materiellen Reichtum. Vielleicht ist das auch eine Gesetzmäßigkeit? Aber darüber nachzudenken, wie eine Welt ohne den Ressourcenverbrauch Militär aussehen könnte, ist vielleicht ein erster Schritt, für Abrüstung und Frieden einzutreten. Die Mächtigen dieser Welt wollen uns erklären, dass Rüstung für Frieden sorgt, indem sie abschreckt. Kommt sie aber zum Einsatz, tötet sie Menschen, Tiere und Natur und es kommt zu Flucht, Vertreibung , Armut und Hunger. Allein die Produktion, Bereitstellung und Wartung von Waffen verbraucht Ressourcen, die an anderer Stelle fehlen und somit ebenso viel Leid erzeugt.


Ich habe mal ein paar Zahlen zusammengesucht und gerechnet, um das zu verdeutlichen:

2,113 Billionen US Dollar : 365 Tage = 5 789 041 095 pro Tag, also rund 5,8 Milliarden US Dollar pro Tag !!
241.210.045 US Dollar sind es dann stündlich.
Spitzenreiter sind die USA mit 801 Milliarden US Dollar.
In Deutschland waren es 51,8 Milliarden : 365 Tage sind rund 142.000.000, also 142 Millionen US Dollar pro Tag und das sind dann 582.918 US Dollar, also rund eine halbe Million pro Stunde.
Diese Zahlen sind von 2021, da sind die aus dem Krieg in der Ukraine entstehenden Ausgaben noch nicht enthalten.

Nachzulesen sind diese bizarren Zahlen im SIPRI Bericht vom April 2022.


Derzeit gibt es weltweit 20 Kriege und 20 begrenzte Kriege1.

Es finden Manöver statt. Es gibt zahlreiche Militärbasen verschiedener Länder außerhalb ihres Territoriums, auch hier sind die USA mit 800 – 1000 Spitzenreiter (die Angaben differieren, die Größenordnung wird aber klar) und natürlich gibt es nationale Armeen, die über Rüstung verfügen und regelmäßig deren Einsatz trainieren.

So kostet eine Flugstunde mit dem Eurofighter 74 000 €2.

Die Anschaffungskosten für einen Schützenpanzer Puma: 17 Millionen Euro3. Der Leopard 2 kostet in der Anschaffung 3-7 Millionen € (je nach Wechselkurs, Inflation oder bestellte Stückzahl)4. Der HIMARS Mehrfachraketenwerfer 5 Millionen US-Dollar5. Der Chinook-Transporthubschrauber kostet etwa 83 Millionen Euro6.

Was mich aber am meisten schockiert hat, sind die Ausgaben für Munition.

Es kostet ein Schuss Artillerie Munition des Leopard 2 9.000 €3 und eine Rakete des HIMARS Mehrfachraketenwerfers 150 000 US-Dollar7, eine Salve, in wenigen Minuten verschossen, beläuft sich auf eine Million US-Dollar.


Der Presse konnte ich entnehmen, dass im Ukrainekrieg seitens der Ukraine täglich 4.000-7.000 Schuss Artillerie abgefeuert werden, auf russischer Seite sollen es 20.000 sein8. Russland hat zwar andere Panzer, aber die Kosten dürften sich in ähnlichen Größenordnungen bewegen.

Angenommen 7000 Schuss zu 9000 € - da werden an einem Tag 63 Millionen Euro verschossen.

63 Millionen Euro, soviel wie:

• 210 mittelgroße Mähdrescher9 oder
• 7875 Tiefbohrbrunnen in Afrika10 oder
• 20 Windkraftanlagen Onshore 5 MW11 oder
• 63.000 Balkonkraftwerke je 600 kW/h zu je 1000 € oder
• das Jahresgehalt von 1666 Krankenschwestern12 oder
• 12 000 Laubbäume à 5000 € oder
• 6,3 Millionen warme Mahlzeiten, wenn eine Mahlzeit 10 € kostet oder
• 28.024 Pflegebedürftige im Pflegeheim versorgen13

Dieses sind nur einige Beispiele, und es handelt sich lediglich um das Artilleriefeuer und nur um einen Tag. Es gibt aber auch Luftwaffe, Schiffe, Soldaten, Logistik …

Und nach 250 Tagen Artilleriefeuer sind es dann 157,5 Milliarden:

• 52 500 Mähdrescher
• knapp 2 Millionen Brunnen
• 5000 Windkraftanlagen
• knapp 16 Millionen Balkonkraftwerke (16 Mio x 600 kWh =9,6 Mrd kWh= 9300 Gigawatt/h)
• Jahresgehalt von 416 500 Pflegekräften (in Deutschland gibt es 780 000 Pflegekräfte12), man könnte auch das Gehalt von 208.250 Pflegekräften verdoppeln
• Ein Wald mit 300.000 Bäumen
• 1,5 Mrd Mahlzeiten, d.h. man könnte den ca. 11 Millionen Schülern14 in Deutschland 143 Tage lang kostenlos eine warme Mahlzeit anbieten oder Menschen, die sich keine warme Mahlzeit leisten können
• Etwa 7 Millionen Pflegebedürftige bräuchten sich keine Sorgen mehr machen


Die Berliner Zeitung titelte am 13.10.2020:

Was kostet eine Welt ohne Hunger?

700.000 Millionen Menschen weltweit leiden an Hunger. Täglich sterben 15 000 Kinder !!!

„Der Kampf gegen den Hunger hat einen Preis: 14 Milliarden Dollar zusätzlich pro Jahr. So viel Geld ist nötig, um den Hunger in der Welt bis 2030 weitgehend zu beenden. Das ist eines der Ergebnisse zweier Studien, die Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) am Dienstag in Berlin vorgestellt hat.“

Derzeit werden jährlich 12 Milliarden Dollar ausgegeben, d.h. 26 Milliarden Dollar pro Jahr wären erforderlich. Schaue ich mir die Zahlen noch einmal an, dann werden in 250 Tagen Krieg für Artilleriefeuer die 6-fache Summe ausgegeben, die man benötigen würde, um den Hunger zu bekämpfen.

Ist das nicht Wahnsinn??

Natürlich sind die Zahlen nur eine Annäherung, denn die Anzahl der Schüsse kann variieren, die Artilleriewaffen sind unterschiedlich und die Kosten für bestimmte Dinge oder Leistungen können in anderen Ländern auch ganz anders aussehen. Ich wollte mir die
Größenordnung nur mal vorstellen.


Aber mit den bloßen Kosten für Rüstung und Kriegsführung ist es ja leider nicht getan. Das Leben auf der Erde wird durch einen globalen Klimawandel bedroht, der auch unter Anderem Ursache für Hunger und Armut ist.

All unsere Kräfte und Mittel sollten dafür verwendet werden, diese Katastrophe abzuwenden bzw. einzudämmen.

Und wie man bei den oben nur als kleinste Auswahl genannten Kosten erahnen kann,

hätten wir ohne Militär genug Mittel, die wir investieren könnten.

Leider ist die Realität eine Andere und das Militär schöpft nicht nur die nötigen finanziellen Mittel ab, sondern gehört mit zu den Verursachern des Klimawandels. Und wenn ich vom Militär rede, ist mir natürlich bewusst, dass es sich hier nicht um eine eigenständige Macht handelt.

Militär existiert und handelt immer im Auftrag.

Im Auftrag von Staaten und im Auftrag von Kräften, die nach immer größeren Reichtum und immer größerer Macht streben.

Für mindestens 5 % des weltweiten Ausstoßes von Treibhausgasen ist das Militär verantwortlich. Der Anteil dürfte aber weitaus höher liegen, denn es muss nicht offengelegt werden und es stand auch nicht auf der Agenda der Klima Konferenz in Sharm al-Sheikh.

Ein paar Zahlen, die das belegen, kann man natürlich finden:

• Ein B52 Langstreckenbomber verbraucht pro Stunde so viel Treibstoff, wie ein durchschnittlicher Autofahrer in 7 Jahren15

• Ein Airbus stößt bei einem Verbindungsflug zwischen Berlin Bonn 15 Tonnen CO2 aus. Etwa 400 dieser Flüge finden pro Jahr statt, davon ein großer Teil als Leerflug. Insgesamt sind das 6000 Tonnen CO16

Ein Durchschnittsbürger in Deutschland stößt etwa 11,63 Tonnen CO2 pro Jahr aus, d.h. dass allein die Regierungsflieger nach Bonn soviel CO2 ausstoßen, wie 516 Deutsche im ganzen Jahr17.

• Ein Kampfjet stößt pro Einsatz 28 Tonnen Treibhausgas aus18. Allein in Ramstein finden jährlich etwa 30 000 Starts und Landungen statt = 840.000 Tonnen Treibhausgas. So verbraucht ein Eurofighter pro Flugstunde 3.500 kg Treibstoff, das entspricht 11 Tonnen CO2 pro Stunde19.
• Ein vierstündiger Flug des Mehrzweckkampfflugzeugs Tornado verbraucht 20.000 Liter Kerosin und damit die gleiche CO2 - die Menge eines durchschnittlichen Kfz-Pendlers in seinem ganzen Berufsleben.
• Ein Leopard-2-Panzer schlägt mit durchschnittlich 420 l/100 km zu Buche, selbst im Leerlauf verbraucht er 12,5 l/Stunde. Mit dem Sprit von einer Stunde Panzerfahrt fährt ein normaler Pkw fünf Mal von Hamburg nach München19 .
• Die Luftwaffenbasis Ramstein liegt in der Nähe von Kaiserslautern zwischen ausgewiesenen Landschaftsschutzgebieten. Emissionen von Kerosin gefährden Grundwasser und Fließgewässer. Ein Großtransporter Galaxy verbraucht allein beim Starten 3.500 Liter Treibstoff. Ein Diesel-PKW mit einem Verbrauch von 10 l/100km könnte damit 35.000 km fahren. Kaiserslautern hat mit 5 Tonnen pro Einwohner den größten Ausstoß des Klimakillers CO2 in der Bundesrepublik zu verzeichnen19.


Und hier habe ich ein Beispiel aus der Bundeswehr gefunden, nur Flugzeuge und das vor 16 Jahren. Das dürfte sich inzwischen deutlich erhöht haben.

Antwort der Bundesregierung

auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch, Lutz HeilmannEva Bulling-Schröter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 16/4641 –

Zählt man nun Panzer, LKWs, Schiffe hinzu, dürfte die Emission deutlich höher sein. Und wie gesagt, dies ist nur die Bundeswehr…

Ramstein als Militärbasis der USA ist da noch gar nicht enthalten.

Auch die immensen Schäden durch militärische Operationen sind hier nicht eingepreist.

Das können wir bei allen aktuell ausgetragenen Konflikten beobachten:

Zerstörung von Gebäuden und Infrastruktur, Verseuchung der Umwelt mit Munition, Zerstörung von Ackerflächen.

Ganz zu schweigen von der Umweltkatastrophe globalen Ausmaßes bei einem Einsatz von Nuklearwaffen.


„Nach dem Atombombenkrieg brauchen wir nichts mehr aufbauen, weil dann alles hin ist - überhaupt alles.

Da gibt´s keine Menschen mehr, keine Häuser und vielleicht nicht a mal mehr eine Weltkugel. Dann gibt´s auch keine Regierungen mehr - auch kein viertes Reich und kein fünftes Reich usw. - nur mehr ein Himmelreich.

Und dann is´- Gott sei Dank - endlich a mal a Ruah - in aller Ewigkeit Amen!“

Karl Valentin


Der größte Schaden, der angerichtet wird, ist der an den Menschen.

Menschen, die selbst nicht darüber entscheiden können, ob sie an der Front kämpfen, Menschen als zivile Opfer, junge Menschen, die eigentlich unser gesellschaftlicher Reichtum sind, da sie die Zukunft eines Landes verkörpern, alte Menschen, die sich nicht mehr schützen können, Menschen die verhungern…. Einige wenige entscheiden über das Leben von Menschen und sichern sich damit Macht und Reichtum.

Und das ist für mich der „Doppelwumms“: Menschen werden getötet durch den direkten Einsatz von Waffen und sie sterben auch, weil die Rüstung klimaschädlich ist und die Mittel, die für die Herstellung und den Einsatz benötigt werden, bei der Lösung globaler Krisen fehlen.

Warum nehmen wir das hin?

Warum finden wir es in Ordnung, dass Regierungen unsere erwirtschafteten Reichtümer für Waffen ausgeben?

Können wir nicht etwas tun, wir sind doch viele?

Warum ist unsere Gesellschaft so gespalten?

Wieso besuchen 130.000 Menschen ein Helene-Fischer-Konzert aber nur eine Handvoll Menschen treten für Frieden ohne Waffen ein?

WARUM??

(Die Frage wird sich ohne Beschäftigung mit dem Thema Propaganda nicht beantworten lassen)


Ich erhebe keinen Anspruch auf Wissenschaftlichkeit. Ich möchte mit meinem eigenen Nachdenken anregen, es mir gleich zu tun, und zu überlegen, wie man sich für eine friedliche Welt einsetzen kann.

Ich möchte meine Gedanken mit dem Eingangszitat unserer Webseite abschließen:

"Wir leben im Zeitalter der Paradoxe.

Zur Erhaltung des Friedens führen wir Krieg."

Erich Maria Remarque


Quellen:
1) Bundeszentrale für politische Bildung, Lutz Schrader, Kriege und Konflikte, 14.11.2022
2) ntv, ntv.de, dpa, Teure Flugstunde des Eurofighter, 29.08.2010
3) Wikipedia: Puma (Schützenpanzer)
4) Wikipedia: Leopard 2
5) Business Insider Deutschland, Diese Waffe bringt Russland in Bedrängnis, 21.07.2022
6) Focus Online, ja, Milliarden-Deal: Bundeswehr bekommt 60 Chinook-Hubschrauber, 24.04.2022
7) Bluewin.ch, Philipp Dahm, Das Hightech-Gerät ist teuer, zahlt sich für Kiew aber bereits aus, 11.07.2022
8) Frankfurter Rundschau, Lucas Maier, Ukraine-Krieg: USA wollen Artillerie-Munition aus Korea schicken, 14.11.2022
9) Autobild, Stefan Roßbach, Körnerfresser mit 500 PS, 08.06.2011
10) GAiN Germany, Brunnen für Afrika - Wasser bringt Leben
11) Windenergy.Expert, Nikolaus Kreuzhermes, Was kosten Windenergieanlagen
12) Bundesministerium für Gesundheit, Beschäftigte in der Pflege, Stand 21.09.2021
13) BIVA Pflegeschutzbund e.V., Was kostet ein Platz im Pflegeheim, Stand 01.07.2022
14) Statistisches Bundesamt, destatis.de, Pressemitteilung Nr. 099 vom 10.03.2022, Zahl der Schülerinnen und Schüler 2021/2022 unverändert
15) NZZ, Martin Angler, Das Militär ist für 5 % des weltweiten Treibhausgasausstosses verantwortlich. Von Beschränkungen ist es ausgenommen, 30.07.2022
16) Zeit Online, Carolin Wahnbaeck, Militärische Emissionen, Wie Krieg den Klimawandel anheizt, 02.11.2022
17) RBB24, Torsten Mandalka, Treibhausgas-Emissionen der Bundeswehr steigen erheblich, 19.05.2022
18) NDR, Archiv, Deutschland stößt zuviel CO2 aus, 28.05.2019
19) Watson, Josephine Andreoli, Krieg gegen das Klima: Warum das Militär als Klimasünder gilt und wie es um die Bundeswehr steht, 10.11.2022
20) Seemoz, Ökomix, Dr. Maik Schluroff, Roland Didra, Helmut Luz, Klimakiller Militär (2), 10.12.2019