Dietrich Bonhoeffer | Von guten Mächten

Dietrich Bonhoeffer verfasste das Gedicht im Dezember 1944 in der Gestapo-Haft in Berlin, es ist sein letzter erhaltener theologischer Text vor seiner Hinrichtung am Galgen am 9. April 1945 im KZ Flossenbürg.

Er schrieb an seine Verlobte Maria von Wedemeyer und fügte diesen
Weihnachtsgruß für sie und die Familie bei. Das Gedicht bezog sich auf seine eigene Situation und die seiner Familie (er musste mit der Hinrichtung rechnen) vor dem Hintergrund der NS-Herrschaft und des Krieges. Sein Bruder Klaus sowie die Schwager Hans von Dohnanyi und Rüdiger Schleicher waren inhaftiert, sein Bruder Walter war gefallen, seine Zwillingsschwester Sabine war mit ihrem jüdischen Mann Gerhard Leibholz ins Ausland gegangen.

 

Am Anfang des Briefes schrieb Bonhoeffer:
„Es ist, als ob die Seele in der Einsamkeit Organe ausbildet, die wir im Alltag kaum kennen. So habe ich mich noch keinen Augenblick allein und verlassen gefühlt. Du und die Eltern, Ihr alle, die Freunde und Schüler im Feld, Ihr seid mir immer ganz gegenwärtig. Eure Gebete und guten Gedanken, Bibelworte, längst vergangene Gespräche, Musikstücke, Bücher bekommen Leben und Wirklichkeit wie nie zuvor. Es ist ein großes unsichtbares Reich, in dem man lebt und an dessen Realität man keinen Zweifel hat. Wenn es im alten Kinderlied von den Engeln heißt: ‚zweie, die mich decken, zweie, die mich wecken‘, so ist diese Bewahrung am Abend und am Morgen durch gute unsichtbare Mächte etwas, was wir Erwachsenen heute nicht weniger brauchen als die Kinder.“

 

Am 5. April 1943 wurde Dietrich Bonhoeffer gleichzeitig mit seinem Schwager Hans von Dohnanyi wegen „Wehrkraftzersetzung“ verhaftet und im Untersuchungsgefängnis der Wehrmacht in Tegel gefangen gehalten. Der Freund und Heeresrichter Karl Sack konnte zu diesem Zeitpunkt allerdings noch ein Strafverfahren verhindern. 

Ab 8. Oktober 1944 war er wieder Gefangener der Gestapo, zusammen mit Wilhelm Canaris, Dohnanyi, Ludwig Gehre, General Hans Oster und dem mittlerweile auch verhafteten Karl Sack.

Am 7. Februar wurde er in das KZ Buchenwald verlegt, Anfang April 1945 ins KZ Flossenbürg. In einem Scheinprozess wurde Bonhoeffer zusammen mit Canaris, Oster, Sack und Gehre am 8. April 1945 zum Tode durch den Strang verurteilt. Ankläger war ein hoher Funktionär und Abteilungsleiter im Reichssicherheitshauptamt und SSStandartenführer Walter Huppenkothen, der einen Tag zuvor bereits in einem anderen Verfahren Hans von Dohnanyi, den Schwager Dietrich Bonhoeffers, zum Tode hatte verurteilen lassen.

Hans von Dohnanyi war ein deutscher Jurist und Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus. Am 9. April 1945 wurde er im KZ Sachsenhausen kurz vor Kriegsende hingerichtet. Er war seit 1925 mit Christine Bonhoeffer verheiratet und arbeitete von 1929 bis 1938 im Reichsjustizministerium. Seit 1934 hatte er Kontakt zu Kreisen des NS-Widerstandes.

Im März 1943 beteiligte er sich am Attentats- und Putschversuch Henning von Tresckows gegen Hitler, der daraufhin Ernst Kaltenbrunner 1944 beauftragte, die Beschuldigten hinrichten zu lassen. Dieser beauftragte Walter Huppenkothen damit, der nach Sachsenhausen reiste und dort als Ankläger eines für den 6. April 1945 einberufenen Sondergerichts fungierte, dem ein SS-Richter vorsaß und dem weitere SS-Leute angehörten – auch der Kommandant des Konzentrationslagers. Es gab keinen Protokollführer und keine Verteidiger für Dohnanyi. In dem Schnellverfahren wurde der krank auf einer Trage liegende Dohnanyi zum Tode verurteilt - am 9. April wurde er gehängt.

Der Staat Israel hat Hans von Dohnanyi am 26. Oktober 2003 als „Gerechten unter den Völkern“ geehrt, weil er unter eigener Lebensgefahr die Familien Arnold und Fliess rettete. Sein Name wurde an der Gedenkstätte Yad Vashem eingemeißelt. In Leipzig wurde ihm zu Ehren die Dohnanyistraße nach ihm benannt, ebenso in Leverkusen, Karlsruhe und Oranienburg.

Klaus von Dohnanyi (*1928) ist der Sohn von Hans von Dohnanyi und Christine von Dohnanyi, geb. Bonhoeffer - eine Schwester von Dietrich Bonhoeffer. Er ist deutscher Jurist und Politiker (SPD), war von 1972 bis 1974 Bundesminister für Bildung und Wissenschaft, von 1969 bis 1981 Mitglied des Deutschen Bundestags und von 1981 bis 1988 Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg. Sein aktuelles Buch „Nationale Interessen“ findet sich in meiner Literaturliste wieder. Bonhoeffer wird heute von der Ev. (ev.-luth.) Kirche verehrt, deren Gedenktag
der 9. April ist. Etliche Schulen, Gemeindehäuser und Kirchen wurden nach Bonhoeffer benannt und seit April 2019 erinnert eine Gedenktafel in der KZ-Gedenkstätte Buchenwald an ihn.

Dietrich Bonhoeffer Von Guten Maechten
PDF – 143,3 KB 832 Downloads