Frieden? Kein Interesse.

Veröffentlicht am 20. März 2023 um 00:35

"Die »Willy-Brandt-Chance«, Vermittlerin im russisch-ukrainischen Krieg zu werden und in die Geschichte als Friedensstifterin einzugehen, hat die Berliner Ampelkoalition ignoriert. (...) Zumindest wurde, soweit erkennbar, zu keinem Zeitpunkt ernsthaft erwogen, sich schlichtend einzuschalten und realistische Lösungen zu präsentieren. Im Gegenteil. (...)

In den ersten Kriegswochen 2022 sah noch manches danach aus, als könnte es zu substantiellen Verhandlungen kommen. (...) Dann betrat Boris Johnson die Szene. (...)

Nicht nur Pierre de Gaulle, Enkel von Charles de Gaulle und Wirtschaftsberater, empört die »intellektuelle Unehrlichkeit in der Ukraine-Krise, denn die Kriegsauslöser sind die Amerikaner und die NATO, und ich möchte als Beweis die jüngsten Äußerungen von Frau Merkel anführen, die sagte, sie habe nie die Absicht gehabt, die Minsker Vereinbarungen umzusetzen, die Minsker Abkommen, die ausgehandelt und unterzeichnet wurden, um die Sicherheit, Integrität und den Respekt der russischsprachigen Bevölkerung im Donbass zu gewährleisten«. (...)

Besonders die deutschen Hauptakteure aus der höheren Politetage der Hauptstadt drehen weiter an der Eskalationsspirale und ordnen sich dem großen Bruder in Übersee und dessen hegemonialen Bestrebungen unter, die das Ende der Epoche der kapitalistischen Globalisierung unter unipolaren Vorzeichen kennzeichnen. (...)

Statt eine »Zeitenwende« zurück zur Entspannungspolitik im Kalten Krieg einzuleiten – wie unter Brandt –, wurde weiter zugespitzt und aufgerüstet, politisch wie militärisch. Das Ende bleibt offen. (...)

Im zwölften Kriegsmonat schließlich redete Annalena Baerbock Klartext. »Wir kämpfen einen Krieg gegen Russland und nicht gegeneinander«.

Der kroatische Präsident Zoran Milanovic, ein Sozialdemokrat, erwog einen NATO-Austritt und konterte ironisch: Wenn Deutschland sich im Krieg mit Russland befinden sollte, wünsche er »viel Glück, und dass es diesmal besser ausgeht«. (...)

»Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist weitgehend ein Sprachorgan der Grünen geworden«, vermerkte der Freitag Ende Januar. Der allergrößte Teil der Mainstreammedien – wenige Zeitungen und wenige Stimmen der Vernunft ausgenommen – versteht es blendend, Öl ins Feuer zu gießen, geißelt den Kanzler als zauderhaft, wenn er aus ihrer Sicht nicht schnell genug den durchgedrehten Scharfmachern folgt. (...)

»Demokratie« und »Freiheit« sind abstrakte Worthülsen geworden. Die Ukraine wird als Bastion der »westlichen Werte« präsentiert – in Position gegen die »autoritären Regime« in Moskau und Beijing. Im Zweifelsfall werden die bestehenden Beziehungen, etwa zu den Golfstaaten, schöngeredet und bleiben letztlich doch als Makel des »doppelten Maßstabs« kleben, der nicht wegzureden ist..."

jungewelt.de, Gerd Schumann, 14.02.2023


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