Rumänische Gesetzesinitiat.: Annexion ukrainischer Gebiete?

Veröffentlicht am 25. März 2023 um 21:07

Der rumänische Senat debattiert über eine Annexion moldawischer und ukrainischer Gebiete aufgrund eines Vorschlags der Senatorin Diana Ivanovici Șoșoacă.

"In Artikel 3 des Gesetzentwurfs heißt es:

"Rumänien annektiert die historischen Gebiete, die zu ihm gehörten, die nördliche Bukowina, die Region Herza, Budschak (Cahul, Bolgrad, Izmail), die historischen Maramures und die Schlangeninsel."

Diese Gebiete sind von einer Million Menschen bewohnt."

voltairenet.org, Horst Frohlich, 25.03.2023, [CC BY-NC-ND]

Das kann doch nicht wahr sein? Ein Fake? Nein, das ist es nicht, es entspricht wohl den Tatsachen. Allerdings dürfte ihr Vorschlag keine Mehrheiten finden. Und doch wird hier ein Thema (Grenzziehungen, ethnische Minderheiten...) angesprochen, das m.E. zu wenig wahrgenommen wird.

Hier eine kleine Zusammenstellung:

Originaldokument in rumänischer Sprache

aus: voltairenet.org, IMG, pdf, [CC BY-NC-ND]

Übersetzung des Dokuments mit deepl.com/Translator

In Kiew forderten sie Sanktionen gegen den Verfasser des Gesetzentwurfs zur Annexion eines Teils der Ukraine durch Rumänien

Senatorin Diana Shoshoaca hat dem Parlament eine Gesetzesinitiative vorgelegt, die die Annexion einiger ukrainischer Gebiete vorsieht.

Am Freitag, 24.03.2023, teilte der offizielle Vertreter des Außenministeriums der Ukraine, Oleg Nikolenko, in einer Erklärung auf seiner Facebook-Seite mit:

„Wir verurteilen aufs Schärfste den Versuch, die territoriale Integrität der Ukraine in Frage zu stellen und den Geist der guten Nachbarschaft zwischen der Ukraine und Rumänien zu untergraben. Das Außenministerium der Ukraine leitet die Verhängung von Sanktionen gegen Diana Shoshoaca als eine Person ein, die eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellt “.

tass.ru, 24.03.2023

"Die Senatorin Diana Sosoaca, Präsidentin der Partei S.O.S. ROMANIA, hat auf die Sanktionen der Ukraine gegen sie reagiert, die sie als „eine Bedrohung für die nationale Sicherheit” betrachtet. Die Reaktion Kiews kam, nachdem die Senatorin einen Gesetzentwurf vorgelegt hatte, in dem sie forderte, dass Rumänien mehrere Gebiete der Ukraine annektiert. Diese Aktion wurde auch vom Myrotvorets Center nicht übersehen."

stiridinromania.ro, 24.03.2023

Die Moldawien-Krise und ihr Bezug zu Rumänien

Vor dem Hintergrund der sich dramatisch verschlechternden Wirtschaftssituation seiner Bevölkerung sowie der wachsenden Spannungen im Transnistrien-Konflikt steht Moldawien vor enormen innenpolitischen Herausforderungen, deren Lösung wegen dem Vorgehen der pro-europäischen Führung zusätzlich erschwert wird. Denn die Spitzenpolitiker Moldawiens – das seit dem Zerfall der Sowjetunion lange Zeit offiziell als ein neutraler Staat galt und weder ein militärisches Bündnis mit Russland noch irgendeinem anderen Staat anstrebte – ziehen es unlängst vor, die bestehende sicherheitspolitische Strategie der Landes zu revidieren und einen neuen Kurs, der vollständig auf den Westen hin ausgerichtet ist, zu verfolgen. 

Vor allem die westlich orientierte Präsidentin Maia Sandu, die seit dem November 2020 im Amt ist, spricht inzwischen offen darüber, dass man die Option erwäge, die Neutralität der "Republik Moldau" –, die in der Verfassung des Landes verankert ist –, aufzuheben. Anfang des Jahres sorgte die Staatschefin diesbezüglich für die ersten großen Spannungen, indem sie den Konflikt um die abtrünnige und unter dem russischen Schutz stehende moldawische Region Transnistrien mit dem neutralen Status ihres Landes und einem (verfassungswidrigen) Beitritt zur NATO in Zusammenhang brachte. Angesichts dessen wirft die Opposition Sandu und der Regierung vor, entgegen dem Willen der Bevölkerung, die einen NATO-Beitritt ablehnt, Moldawien in das nordatlantische Militärbündnis zu ziehen.

Die "Rumänisierung Moldawiens"

Ein wichtiger Aspekt, der zweifellos schon seit vielen Jahren die moldawische Außen- sowie Innenpolitik bestimmt, ist das Verhältnis zu dem Nachbarland Rumänien. Moldawien pflegt eine sogenannten "Strategische Partnerschaft" mit dem EU- und NATO-Mitglied, das seinerseits die kleine Republik als einen existentiellen Teil der eigenen Nation ansieht und bereits seit dem Ende der UdSSR Einfluss darauf ausübt. Um genau zu sein, hatte Bukarest bereits in der Zeit der Perestroika die "Bewegung zur Vereinigung von Rumänien und Moldau" ins Leben gerufen, und mittlerweile bestimmt es die Politik Kischinaus maßgeblich.

Diese Partnerschaft ist soweit fortgeschritten, dass zumindest ein Großteil der moldawischen Eliten unlängst die rumänische Staatsbürgerschaft besitzt. Unter anderem auch Präsidentin Sandu, Premierminister Dorin Recean und andere Spitzenpolitiker des Landes. Man ist also der Garant für die Interessen Moldawiens und zugleich Bürger eines anderen Staates – ein recht fragwürdiger und weltweit vermutlich einzigartiger Umstand. 

Zahlreiche Vertreter der besagten Elite – wie zum Beispiel Sandu oder Recean – gelten zudem offenkundig als Befürworter der sogenannten "Unirea" (rum. Vereinigung) von Moldawien und Rumänien. Der ehemalige Parlamentspräsident Moldawiens, Mihai Ghimpu, hat in einem offenen Brief an die moldawische Staatschefin und ihren rumänischen Amtskollegen Klaus Johannis vom 2. Februar sogar erklärt: Die "Kriegsgefahr in Bessarabien" (eine historische Landschaft in Südosteuropa, die sich heute weitgehend mit dem westlich des Dnjestr liegenden Teil der Republik Moldau deckt – Anm. d. Verf.) sei "mehr als real", und dass "die einzige Lösung, um die russische Besatzung zu verhindern, die Vereinigung mit Rumänien ist." 

Aufgrund dessen schlagen die oppositionellen Kräfte unlängst Alarm und beschuldigen die Regierung, Moldawien, in dem viele nationale Minderheiten leben, "rumänisieren" zu wollen. Dabei spielt die Meinung der moldawischen Bevölkerung, von der etwa die Hälfte gegen die Vereinigung mit dem Nachbarland ist, für die Eliten offenbar eher eine untergeordnete Rolle.

Sprachenstreit: Moldawisch oder Rumänisch?

Als ein weiterer Beleg für die "Rumänisierung Moldawiens" zu werten ist der sogenannte Sprachenstreit, der das Land schon seit 1989 spaltet, als das Parlament im Zuge der Perestroika Moldawisch zur Staatssprache erklärte und die bis dahin verwendete kyrillische Schrift durch die lateinische Schrift ersetzte. Heute ist diese Kontroverse erneut aufgeflammt, nachdem das Parlament in der Hauptstadt Kischinau Anfang März nämlich dafür gestimmt hat, dass die Amtssprache im Land künftig offiziell nicht mehr als Moldawisch sondern Rumänisch bezeichnet wird. Diese Entscheidung hat im Parlament zu Schlägereien zwischen den Abgeordneten von Regierung und Opposition geführt. Die Opposition hat zuvor versucht, das Votum mit einer Blockade zu verhindern.

Zuletzt war der Sprachenstreit im Jahr 2013 eskaliert, nachdem das Verfassungsgericht Moldawiens entschieden hatte, dass Rumänisch Moldawisch beziehungsweise moldawische Sprache als offizielle Bezeichnung für die Landessprache ablösen sollte. Das Verfassungsgericht begründete die Entscheidung laut der Wiener Zeitung damit, dass der Ausdruck Rumänisch auch in Moldawiens Unabhängigkeitserklärung von 1991 als solche verwendet wird. Die Initiative ging damals auf mehrere Abgeordnete zurück, die darauf hingewiesen hatten, dass die sprachwissenschaftliche und historische Basis für die bisherige Bezeichnung völlig fehlte.

Die Tatsache, dass dieser Streit erneut die Staatspolitik Moldawiens bestimmt, zeigt, dass die pro-rumänischen Eliten des Landes nicht gewillt sind, von der Unirea abzurücken und etwa Moldawisch als Amtssprache "zu akzeptieren". Damit sind nicht nur weiterere Spannungen innerhalb Moldawiens vorprogammiert, sondern auch die zunehmende Spaltung der Gesellschaft.

Der Beitrag muss nicht die Meinung der Redaktion widerspiegeln.

pressenza.com, 21.03.2023, Originalartikel: eurobrics.de, Alexander Männer, [CC BY-NC-ND 4.0]

„Das Ringen um Moldau“

"Die EU zieht insbesondere auf deutschen Druck einen – nichtmilitärischen – Einsatz in der Republik Moldau in Betracht. Im Rahmen des Einsatzes solle EU-Personal aus Polizei, Zoll und Justiz die moldauische Regierung „beim Aufbau eines effizienten Sicherheitssektors beraten“, heißt es. Hintergrund sind wachsende Proteste in Moldaus Bevölkerung, die sich an der katastrophalen wirtschaftlichen Lage in dem Land entzünden, von der Regierung aber niedergehalten werden; zudem ist von einem drohenden Übergreifen des Ukraine-Krieges auf Moldau die Rede. Die Regierung in Chișinău hat mit ihrer neoliberalen, nach außen sehr konfrontativen Politik schon längst keinen wirklichen Rückhalt in der Bevölkerung mehr. Ihren Wahlerfolg vom Sommer 2021 verdankt die Regierungspartei PAS (Partei Aktion und Solidarität) auch Berlin, das sich im Wahlkampf klar auf ihre Seite geschlagen hat. Die PAS-Regierung verschärft die Konflikte im Land auch, indem sie Verhandlungen zur Lösung des Konflikts um die Sezessionrepublik Transnistrien sabotiert..."

german-foreign-policy.com, 22.03.2023


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