Meine Stimme für den Frieden | Gertrude R. Croissier

Veröffentlicht am 22. Februar 2025 um 01:00

Kurz vor der Bundestagswahl veröffentlichte jetzt die liebe Friedensfreundin Gertrude R. Croissier ("Grenzgang, Krieg oder Frieden") einen sehr bewegenden Brief auf Pressenza. Wie sehr würde ich ihr doch die Angst nehmen wollen und wie sehr hoffe ich darauf, dass ihre Kinder und Enkelkinder ein wunderschönes Leben in Frieden vor sich haben!

Ich möchte den Brief an dieser Stelle samt Einleitung übernehmen und schließe mich ihrem Appel für eine Friedensentscheidung am Sonntag bei der Bundestagswahl an:

"Inmitten der aktuellen geopolitischen Spannungen und der wachsenden Militarisierung Europas erhebt eine Frau, die selbst die Schrecken des Krieges überlebt hat, ihre Stimme – nicht aus Angst, sondern aus tief empfundener Verantwortung. In einem bewegenden und mutigen Brief wendet sich Gertrude R. Croissier, die während des Zweiten Weltkriegs geboren wurde und Autorin des Buches Grenzgang: Krieg und Frieden ist, an ihre Kinder und Enkelkinder. Sie teilt ihre Erlebnisse von Krieg und Zerstörung und appelliert eindringlich für eine Politik des Friedens. Ihr Brief ist ein eindrucksvolles Zeitzeugnis und zugleich ein leidenschaftlicher Aufruf an die junge Generation, sich für eine friedliche Zukunft einzusetzen.

Gertrude R. Croissier veröffentlicht diesen Brief gerade jetzt, weil sie mit wachsender Sorge die aktuellen Entwicklungen beobachtet: Die Rhetorik der „Kriegstüchtigkeit“, massive Waffenlieferungen und eine zunehmend militarisierte Politik erinnern sie an die verhängnisvollen Weichenstellungen vergangener Zeiten. Vor der anstehenden Wahl in Deutschland möchte sie ihre Familie – und mit dieser Veröffentlichung auch eine breitere Öffentlichkeit – dazu aufrufen, innezuhalten, nachzudenken und eine Entscheidung für den Frieden zu treffen.

Brief einer Großmutter

Affhöllerbach, den 17. Februar 2025

Meine geliebten Kinder und Enkelkinder! Ich sage es gleich ganz ehrlich, es geht um die Wahl am kommenden Sonntag und es kostet mich Kraft und Mut, euch diesen – vielleicht unangemessen erscheinenden – Brief zu schreiben. Zunächst aber möchte ich euch versichern: Ich achte euren freien Willen und respektiere eure persönliche Entscheidung.

Ich bitte euch um Verständnis, denn meine Worte kommen aus einem drängenden mütterlichen Schutz- und Fürsorgeimpuls. Es ist in mir ein Schrei aus wachsender Sorge um euer Leben und ein sehnsüchtiger Wunsch nach Frieden für euch und für alle lebenden Wesen dieser Erde!

Ihr hattet bisher ein recht gutes Leben in Frieden, Freiheit und relativem Wohlstand.

Ihr lebt aktuell in einem behaglichen warmen Heim, ihr arbeitet, studiert und habt Zeit und Raum für eure persönliche Entwicklung – durchaus mit Hindernissen und den Erschwernissen des Lebens. Auch ich bin dankbar für mein erfülltes Leben, für gesunden Wohlstand und die relative Sicherheit. Das allerdings war nicht immer so, und es könnte auch wieder ganz anders werden, wenn wir jetzt nicht achtsam sind:

Wie ihr vielleicht wisst, wurde ich 1943, zwei Jahre vor Ende des zweiten Weltkrieges, in einem Bombeninferno im Luftschutzkeller einer Klinik geboren; meine Mutter Else und ich wir entgingen nur knapp dem Tod. Etwa zur gleichen Zeit wurde das Haus meiner Großeltern väterlicherseits im gezielten Bombenterror der britischen Luftwaffe völlig zerstört; sie verloren ihr gesamtes Hab und Gut. In diesen ersten beiden Jahren meines Lebens verbrachte ich viel Zeit im Kartoffelkeller meiner anderen bäuerlichen Großeltern, in den wir uns flüchteten, wenn die Sirenen heulten und das Brummen der Bomber näher kam – noch heute habe ich bei Sirenengeheul und bei Feuerwerk mit Panikgefühlen zu kämpfen. Ich erinnere mich auch, wie ich mit etwa einem Jahr schreiend durch eine große Blutlache krabbelte, zu meiner Mutter hin, die neben einem erschossenen Soldaten kniete. Etwas später ist meine Mutter nur durch ein Wunder der Vergewaltigung und ich der Erschießung durch amerikanische Soldaten entgangen…

Das alles war fürchterlich, aber wir haben es überlebt; für viele kam es sehr viel schlimmer: Vielleicht wisst ihr, dass im September 1944 in der so genannten „Brandnacht“ die Briten Darmstadt gezielt mit Brandbomben attackierten, um die Zivilbevölkerung zu vernichten und so für die Verbrechen der Nazis zu bestrafen. In einem Feuerinferno wurde Darmstadt fast völlig zerstört und ca. 13.000 Menschen wurden getötet. Vor Jahren habe ich Kinder der damaligen Brandopfer therapeutisch begleitet und mit ihnen den Horror nochmals emotional durchlebt. Das Grauen des Krieges ist unvorstellbar und sehr viel größer, als wir uns dies in unserem geordneten Alltag vorstellen können.

Ich schreibe euch dies aus großer Besorgnis, nicht um euch zu ängstigen, sondern um euch für die aktuelle politische Realität zu sensibilisieren. Denn ihr seid nun erwachsen und als erwachsene Menschen haben wir Verantwortung für unser eigenes Leben und auch für diesen unseren wunderschönen Heimatplaneten Erde. Als Menschheit, insbesondere als Europäer und Deutsche, sind wir gerade auf einer Schwelle zwischen Krieg und Frieden, Leben und Tod. Vielleicht habt ihr es auch schon bemerkt: Die Menschheit befindet sich aktuell in einem pathologischen Bewusstseinszustand, sie ist verrückt geworden. Alles steht auf dem Kopf: oben ist unten und unten ist oben, links ist rechts und rechts ist links, gut ist böse und böse ist gut. Deutsche PolitikerInnen und ihre abhängigen Medien haben „im Kriegsrausch den Verstand verloren“, sagte Sevim Dağdelen in Bezug auf die Ukrainepolitik: „Waffen für den Frieden“, das ist Irrsinn; Waffen sind zum Töten da! Waffen in Kriegsgebiete liefern und gleichzeitig – angeblich – Frieden wollen, das ist nicht möglich. Ich verweise hierzu auf mein Buch „Grenzgang – Krieg oder Frieden“ Deutschland ist hauptverantwortlich für zwei Weltkriege. Im zweiten Weltkrieg starben insgesamt über 60 Millionen Menschen. Die meisten Opfer gab es in der Sowjetunion; etwa 10 Millionen Soldaten der russischen Armee wurden in diesem Krieg getötet und mehr als 24 Millionen sowjetische Bürger verloren ihr Leben. Mehr als sechs Millionen Juden, Sinti, Roma und andere Minderheiten wurden von Deutschen ermordet. Und heute ist dieses schuldbeladene Deutschland, nach den USA, der zweitgrößte Waffenlieferant – das macht mich fassungslos.

Wir müssen unserer eigenen inneren Wahrheit vertrauen und nicht der aktuellen Kriegspropaganda der Regierenden und der Medien. Habt ihr das SPD-Wahlplakat gesehen mit Verteidigungsminister Pistorius im Kampfanzug, dem Gewehr in der Hand und dem Slogan: „Wir kämpfen für deine Sicherheit“? Vermittelt euch das ein Gefühl von Sicherheit? Mir macht es Angst, große Angst!

Ich aber bin nun alt, mein Lebensfaden ist dünn geworden und ich blicke dankbar zurück auf ein erfülltes Leben mit vielen Jahren in Frieden. Ihr aber habt noch ein ganzes Leben vor euch und ich wünsche euch so sehr ein langes Leben in Frieden auf einer fruchtbaren und grünenden Erde!

Deshalb gebe ich meine Stimme einer Partei, die weltweit für Frieden und eindeutig gegen Aufrüstung, Waffenlieferungen, Lieferung von Taurus an die Ukraine – mit dem selbstmörderischen Ziel, Russland zu „ruinieren“ – und gegen die aktuell geforderte „Kriegstüchtigkeit“ eintritt, einer Partei die Dialog, Kompromiss und respektvolle nachbarschaftliche Beziehungen zu Russland befürwortet.

Momentan geht es um die Verhinderung eines dritten Weltkrieges; alles andere wie Wirtschaft, Umwelt, Armut, Antisemitismus, Migration usw. ist wichtig aber sekundär. Denn – „ohne Frieden ist alles nichts“ Deshalb meine geliebten Kinder und Enkelkinder, überlegt gründlich wem ihr eure Stimme geben wollt, wem ihr euer wertvolles Leben und das eurer Kinder anvertrauen wollt…

Ich grüße Euch in „Wahrheit, Licht und Liebe“, eure Mutter und Großmutter Gertrude"


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